Alfons Zühlke unterwegs
Das es uns hier in der Uckermark an Einigem fehlt ist bekannt. Da könnt’ ich so manch’ verlorenes Ding aufzählen.
Die praktischen Einkaufsläden in den Dörfern verschwanden, die fahrenden Bibliotheken kamen nicht mehr vorbei und die gemütlichen Dorfkneipen schlossen auch schon vor Jahren.
Und nun fehlen den Unternehmen angeblich auch noch die guten Facharbeiter.
Aber warum eigentlich?
Den Besitzern der „Einkaufsquellen“ in den Dörfern kam zu wenig Geld in die Kassen, die fahrenden Bibliotheken rentierten sich ebenso wenig und den Dorfkneipen fehlten schon lange die zahlenden Stammgäste.
Aber wieso fehlen den Unternehmen die Fachkräfte?
Es gibt ja Firmen, die beklagen sich laut darüber, dass man die wöchentlichen Arbeitsstunden heraufsetzen muss, da sich keine weiteren Kräfte finden lassen.
„Gute Arbeitskräfte gibt es nicht!“ heißt es dort. Aber warum?
Vielleicht sollte man die Gründe nicht nur bei der Politik und die Arbeitnehmer nicht nur beim Arbeitsamt suchen.
Jeder gute Facharbeiter geht dort hin, wo man ihn auch gemäß seiner Leistung entlohnt.
Hier sind aber die Löhne so niedrig, dass es oft nicht mal zum Überleben reicht. Und die wachsende Zahl von Arbeitslosen lässt sittenwidrige Löhne nicht nur zu, sonder fördert sie auch noch – zum Wohlwollen vieler Unternehmer (die gern ihre Abgabenlasten in den Vordergrund spielen).
Verkaufen sich die Unternehmer auch unter Preis? Glaub’ ich kaum!
Denn Getreide oder Rindviecher aus der Uckermark werden auf dem nationalen oder internationalen Markt nicht gerade als „Preisknaller“ angeboten, die Solarplatten aus der Kreisstadt werden auch nicht als Sonderangebote in Südeuropa verscherbelt. Und warum verdient eine Pflegedienstmitarbeiterin z.B. in Sachsen weitaus mehr, als ihre Kollegin in der Uckermark? Sind die Krankenkassen dort spendabler als hier?
In einer seriösen Wochenzeitung (die nicht zum Springer-Verlag gehört!) las ich, das die ostdeutsche Produktivität sogar teilweise höher sei, als die im Westen.
Diese Feststellung erschütterte nicht nur meinen Nachbarn Kurti, der von der allwissenden „Bild“ etwas anderes beigebracht bekam, sondern würde auch der Lohnpolitik in unserer Gegend entgegenwirken. Fatal, oder?!
Wenn sich heimische Unternehmer besinnen und gute Arbeit auch gut entlohnen, wird es den einen oder anderen Facharbeiter wieder in die alte Heimat ziehen und die wöchentlichen Arbeitsstunden könnten zur Freude der Familien wieder sinken.
Und vielleicht gibt es dann auch bei uns wieder eine Dorfkneipe, in der ich mich mal mit Kurti auf ein gut gekühltes Bier treffen könnte.
Bis demnächst
Ihr Alfons Zühlke